Von Solomon Herring
Übersetzt von Beate Hoidn
Es ist offensichtlich, dass Tansania und andere afrikanische Länder eine Kultur haben, die sich erheblich von der der westlichen Welt unterscheidet. Auf vielerlei Weise ist Afrika eine eigene Welt mit unterschiedlichen Sitten und gesellschaftlichen Erwartungen, die denen, die nicht hier geboren und aufgewachsen sind, sehr fremd vorkommt. Deshalb bekommen viele Menschen aus der westlichen Welt, wenn sie nach Tansania oder in jedes andere afrikanische Land reisen, einen Kulturschock, der sie völlig aus der Fassung bringt. Ich persönlich empfinde den Kulturschock nicht als eine schlechte Sache, da es zeigt, dass unsere eigenen Ansichten darüber, was richtig oder falsch ist oder was zu erwarten ist, absolut relativ sind. Jeder der erfahren möchte, wie vielfältig und vielschichtig die Menschen sind, sollte einmal einen Kulturschock erleben.
Heute ist mein vierter Tag hier in Arusha in Tansania und ich kann sagen, die Kultur und das Leben hier unterscheidet sich extrem von meinen bisherigen Erfahrungen in den Vereinigten Staaten. Der große Unterschied zwischen den verschiedenen Kulturen und die fehlende ausgebaute Infrastruktur im Vergleich zu der westlichen Welt sind zwei Facetten, die zeigen wie extrem anspruchsvoll und herausfordernd Reisen hier ist. Es ist offensichtlich, dass eine Reise nach Afrika nicht vergleichbar ist mit einer Rucksackreise durch Europa oder einer Fahrt mit dem Auto durch die USA. Ich muss nicht extra erwähnen, dass, wer sich auf den immer noch ungewöhnlichen Weg zu diesem schönen Kontinent macht, ausgerüstet mit viel Vertrauen auf das Gelingen trotz aller Unwägbarkeiten, kann hier die beste Zeit seines Lebens erleben.
Der erste Kulturschock, den jeder erlebt, ist die Tatsache, dass hier in Tansania alles nach afrikanischer Zeit geht. Hier kannst du nicht erwarten, dass alle sich an die abgemachte Uhrzeit halten. Du wirst unweigerlich viel Zeit damit verbringen, auf etwas oder jemanden zu warten. Für manche Leute kann das sehr frustrierend sein, vor allem, wenn Sie aus einem Land wie Deutschland kommen, wo besonders viel Wert auf Pünktlichkeit und Ordnung gelegt wird.
Ein zweiter Kulturschock für diejenigen aus westlichen Ländern ist die Religiosität. Im Westen nimmt die Bedeutung der Religion immer mehr ab. Man nutzt eher wissenschaftliche Erkenntnisse und Philosophie statt Religion, um die größten Fragen des Lebens zu beantworten. In Afrika ist dies nicht so, hier bildet die religiöse Hingabe in den meisten Ländern die kulturelle Norm. In Tansania gibt es annähernd gleichviele Christen wie Moslem und nur ein sehr kleiner Anteil der Bevölkerung betrachtet sich als unreligiös. Zusätzlich leben die meisten ihren Glauben weitaus bewusster, als das im Westen zu sehen ist. Dies zeigt die Tatsache, dass Tansanier teilweise noch konservative gesellschaftliche Werte haben, z.B. in Bezug auf Homosexualität und Abtreibung.
Einen weiteren Kulturschock, auf den du vorbereitet sein solltest, ist die überwältigende Beachtung, die man als Westler bekommt, wenn man durch die Straßen geht. Wer weiß ist, fällt auf und bleibt nicht unbemerkt. Das bedeutet, dass sich viele Leute für dich interessieren und versuchen, dich in ein Gespräch zu verwickeln. Du wirst auch das Wort „Mzungu“ hören, ein neutraler Begriff für einen weißen Touristen. Es ist wichtig, dass du dir diese Aufmerksamkeit nicht zu Kopfe steigen lässt, obwohl es überwältigend ist, so beachtet zu werden. Trotzdem ist es in den meisten Situationen die beste Lösung, die Leute, die sich einem so nähern, zu ignorieren, aber auch abzuwägen, ob dich die Leute ansprechen, weil sie dir etwas verkaufen möchten, was du gar nicht brauchst oder ob sie sich mit dir unterhalten möchten und du so interessante Bekanntschaften machen kannst.
Eine der schwierigsten Situationen, denen du beim Ausgehen in Tansania begegnen wirst, ist die Begegnung mit Bettlern. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Gruppen von Kindern auf der Straße auf westliche Touristen zugehen und ihnen folgen, um sie um Geld anzubetteln. Das passiert mir fast jedes Mal, wenn ich in Arusha unterwegs bin. Es ist definitiv ärgerlich, aber wenn du sie einfach ignorierst, werden sie verschwinden. Wenn du Leute auf der Straße abweist, bleibe höflich. Es ist anstrengend, wenn dir ständig Leute folgen und dir eine Million Fragen stellen, wenn du nur einfach von Punkt A nach Punkt B gehen möchtest, aber es ist wichtig, ruhig zu bleiben.
Während der gesamten Reise in Tansania oder anderen afrikanischen Ländern ist es wichtig, die kulturellen Unterschiede anzunehmen, um so zu vermeiden, dass du dich unwohl fühlst.
Offen gesagt: In Tansania geht es chaotisch zu. Die Straßen sind laut und voll, öffentliche Verkehrsmittel sind überfüllt und besonders in den öffentlichen Kleinbussen, den Daladalas, die die Hauptstrecken bedienen, findest du dich zwischen vielen Leuten eingepfercht wieder. Dieses Chaos kann abschreckend wirken, aber wenn du dich darauf einlässt und es positiv annimmst, dann wirst du Dinge erleben, die du nie erleben wirst, wenn du zu Hause bleibst.