
Viele Leute fragen uns, warum wir – im Gegensatz zu anderen Anbietern – keine Freiwilligenarbeit oder Praktika in Waisenhäusern vermitteln. Die kurze Antwort: Weil wir nur Projekte unterstützen, hinter denen wir zu 100 % stehen. Die lange Antwort ist allerdings etwas komplizierter.
In vielen westlichen Ländern gibt es kaum noch klassische Waisenhäuser – und das aus gutem Grund. Studien zeigen, dass Kinder, die in solchen Einrichtungen aufwachsen, oft mit psychischen Problemen wie Angststörungen, Depressionen, geringem Selbstwertgefühl oder Bindungsstörungen zu kämpfen haben. Der Alltag in vielen Heimen ist geprägt von Gewalt, Missbrauch und Erniedrigung – Dinge, die kein Kind erleben sollte.
Von außen wirkt es oft so, als seien Kinder in Waisenhäusern komplett auf die Hilfe von Freiwilligen aus dem Westen angewiesen. Man bekommt das Bild vermittelt, dass ein einzelner Helfer oder eine Helferin dort lebensnotwendig wäre. Aber die Realität sieht leider anders aus: Viele dieser Heime sind in Wahrheit Geschäftsmodelle. Schätzungen zufolge sind rund 80 % der Kinder dort gar keine echten Waisen – sie haben noch mindestens ein Elternteil. Doch oft werden die Eltern mit falschen Versprechen dazu überredet, ihre Kinder abzugeben, in der Hoffnung, dass sie dort eine bessere Zukunft haben. Manche Familien zahlen sogar dafür, dass ihre Kinder aufgenommen werden.
Ein weiterer großer Einnahmefaktor für diese Heime sind Spenden. Touristen, Ehrenamtliche oder deren Familien geben großzügig Geld, weil sie den Kindern helfen wollen – aber in vielen Fällen kommt das Geld gar nicht dort an, wo es gebraucht wird. In extremen Fällen werden Kinder sogar verkauft oder zur Adoption freigegeben, obwohl ihre Eltern eigentlich nur auf bessere Zeiten warten, um sie zurückzuholen. Natürlich gibt es auch Heime, die wirklich das Wohl der Kinder im Blick haben – aber in vielen Ländern gibt es kaum Kontrollen, sodass es für Außenstehende schwer ist, das zu erkennen. Auch für uns als Organisation wäre es extrem aufwendig, hier den Überblick zu behalten. Und da Kinderheime ohnehin keine ungelernten Kurzzeit-Freiwilligen brauchen, haben wir uns entschieden, nicht mit solchen Projekten zu arbeiten.
Die meisten Freiwilligen, die in Waisenhäusern helfen wollen, tun das natürlich nicht aus Egoismus, sondern aus Unwissenheit. Sie glauben wirklich, dass sie etwas Gutes tun. Doch die Organisationen, die diese Programme anbieten, wissen genau, dass sie damit mehr Schaden anrichten als helfen. Manche nehmen Freiwillige schon für Einsätze ab zwei Wochen an – ohne jegliche Schulung. Zwei Wochen lang spielt und kuschelt man mit den Kindern, fühlt sich gebraucht – und dann geht’s wieder nach Hause. Für die Kinder bedeutet das ständiger Abschiedsschmerz. Und das passiert ihnen nicht nur einmal, sondern immer wieder – oft ihr Leben lang. Kein Wunder, dass viele von ihnen tiefgreifende Bindungsprobleme haben. Selbst wenn Freiwillige länger bleiben, ein paar Monate oder ein halbes Jahr, werden sie eine wichtige Bezugsperson – und verlassen die Kinder dann trotzdem wieder. Das hinterlässt Narben.
Kurz gesagt: Diese Projekte orientieren sich nicht am Wohl der Kinder, sondern am Profit der Betreiber und den Wünschen der Freiwilligen. Während die Kinder mit jedem Abschied ein weiteres Trauma erleben, nehmen die Freiwilligen Selfies aus einer „bereichernden Erfahrung“ mit nach Hause.
Wer sich sozial engagieren möchte, ohne Schaden anzurichten, findet bei uns eine Alternative. Wir bieten nur Projekte an, bei denen die Kinder feste Bezugspersonen haben, die ihnen Stabilität und Sicherheit geben. Unsere Freiwilligen unterstützen als zusätzliche Lehrer, Betreuer oder Freunde – aber nicht als Ersatzfamilie auf Zeit. Wir kennen all unsere Projekte und die Menschen dahinter persönlich, sind regelmäßig vor Ort und stellen sicher, dass alles mit rechten Dingen zugeht. So profitieren nicht nur die Kinder, sondern auch die Freiwilligen – und wir können diese Arbeit mit gutem Gewissen vertreten.
Weitere Informationen findest du hier:
https://www.aktiv-gegen-kinderarbeit.de/2018/09/voluntourism-warum-ein-besuch-im-kinderheim-nicht-auf-deiner-reiseliste-stehen-sollte/
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4633702/
https://www.wearelumos.org/what-we-do/issue/orphanage-institution/
https://theconversation.com/the-business-of-orphanages-where-do-orphans-come-from-38485